Im 19. Jahrhundert wurden große Teile des Grünewaldes durch Übernutzung bzw. Ausbeutung entwaldet. Ursache dafür waren die unmittelbar am Rande des Grünewaldes gelegene Hütte von Dommeldingen sowie die um das Jahr 1850 im Süden des Landes entstehenden Eisenhütten, die Unmengen an Holz zur Befeuerung der Hochöfen benötigten. Schließlich zeichnete sich eine existenzbedrohende Holznot ab und man erkannte, dass das Holz in den heimischen Wäldern keine unendliche Rohstoffquelle darstellte und eine geregelte Holznutzung notwendig wurde.
Der Altersklassenwald
Um den Raubbau zu stoppen, wurde der Grünewald ab der Mitte des 19. Jahrhunderts als Altersklassenwald bewirtschaftet. In ihm stehen die unterschiedlich alten Bäume nicht auf einer Fläche, sondern nach Alter räumlich getrennt auf jeweils verschiedenen Flächen. Die Bäume wurden am Ende eines festgelegten Produktionszeitraumes (Umtriebszeit) oft im Kahlschlagverfahren geerntet und der Wald anschließend durch Pflanzung wiederbegründet. Mit der Zeit häuften sich jedoch im Altersklassenwald die Schäden durch Schnee- und Eisbruch, Sturm und Insekten. Zudem verursachte der sich aus dem Altersklassenwald ergebende Kahlschlagbetrieb radikale Eingriffe in die Lebensgemeinschaften des Waldes. Von natürlicher Entwicklung war kaum eine Spur zu sehen. Folglich waren bei der großen Windwurfkatastrophe nach den Orkanen Wiebke und Vivien 1990 die Schäden im Grünewald dort am größten, wo die Waldbestände am wenigsten der Natur entsprachen. Dieses Ereignis brachte die Abkehr vom Altersklassenwald und den Wandel zu einer naturgemäßen Waldbewirtschaftung: dem Dauerwaldbetrieb.
Der Dauerwald
Der Dauerwaldbetrieb orientiert sich an den Entwicklungsabläufen im Naturwald. In ihm werden die Eingriffe so weit wie möglich reduziert, um die natürlichen Abläufe im Wald zu nutzen und zu fördern. Durch diese Art der Waldbewirtschaftung entsteht ein Wald, in dem alle Altersstufen von Bäumen auf ein und derselben Fläche nebeneinander zu finden sind — bis hin zu abgestorbenen Bäumen (Totholz), die vermodern und dabei noch vielen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum bieten.
Es entwickelt sich ein stufig aufgebauter stabiler Wald, der eine hohe Vielfalt an Lebensräumen für Tiere und Pflanzen bietet und widerstandsfähiger gegenüber Krankheiten und Sturm ist. Dieser Wald besteht aus Baumarten, die für die Region typisch sind: Buche, Eiche, Esche, Ahorn, Kirsche, Erle und Birke.
Im Grünewald wird auf Kahlschläge und Chemie verzichtet. Die Nutzung hiebsreifer Bäume erfolgt in der Regel einzelstammweise. Um eine neue Waldgeneration aufzubauen, werden die unter dem Kronendach der alten Bäume aufkommenden Sämlinge genutzt (Prinzip der Naturverjüngung).
Der Dauerwald zielt darauf ab, naturverträglich viel Holz von bester Qualität mit möglichst geringem Aufwand zu produzieren und somit eine Schutz- und Erholungsfunktion nachhaltig zu garantieren.