Dumpfe Hammerschläge hallen durch das Tal. Dichte Rauchwolken hängen über dem Wald. Einige Nächte in der Woche erhellen seltsame Lichter den Himmel.
In kleinen Kalksteinbrüchen an der Talflanke werden große Blöcke aus einer Felswand herausgelöst. Sie werden zerkleinert und zum Abtransport vorbereitet. Tiefer im Wald werden Bäume gefällt, Reisig und totes Holz wird gesammelt. Die Rohstoffe werden zum Kalkofen geschafft, wo auch schon reges Treiben herrscht.
Wir sind in der Römerzeit um 65 v. Chr. Die Römer führten den Kalk als Baustoff ein. Im Bau benutzten sie ihn als Bindemittel. Mit Wasser gelöscht wurde er bei der Mörtel‑, Beton- und Estrichherstellung verwendet. Auch als Tünchmittel wurde er benutzt.
In der mehrere Meter tiefen Erdgrube bauen Arbeiter den Ofen aus Kalksteinen auf, sie legen einen Befeuerungsstollen an und errichten im unteren Teil ein starkes Ofengewölbe, welches eine etwa zwanzig Tonnen schwere Steinmasse tragen muss. Es werden Luftschächte angelegt und dann werden die Kalksteine in Lagen vorsichtig auf das Gewölbe aufgeschichtet.
Nach mehreren Tagen harter Arbeit wird das Feuer angezündet. So bald das Gewölbe glühend rot leuchtet, wird das Feuer geschürt, denn der Kalkstein muss auf etwa 1000 Grad erhitzt bleiben. Unter dunklen Rauchschwaden wird der Ofen mit Heu und feuchtem Lehm abgedeckt, wobei der Luftzug an Luftlöchern immer wieder geregelt wird. Regelmäßig muss neues Brennmaterial nachgelegt werden, innerhalb von zwei Tagen und drei Nächten werden so etwa 30 Kubikmeter Holz verbraucht.
Der Brennvorgang ist abgeschlossen, jetzt wird der Ofen mehrere Tage abkühlen gelassen. Endlich können die Kalkbrenner die Frucht ihrer harten Arbeit ernten. Aus dem Ofen brechen sie leichten weißen Kalk heraus. Nur etwa die Hälfte der Kalksteinmenge ist übrig geblieben. Der Kalk wird zu Puder gemahlen und gleich zu den Baustellen abtransportiert und der Ofen wird wieder neu hergerichtet.“
Die Überreste des Kalkofens in Senningen erzählen uns allerdings eine andere Geschichte. Das Feuer erlosch zu früh und der Brennungsprozess wurde unterbrochen. War nicht genügend Brennholz vorhanden, war das Holz zu nass, hat ein heftiges Gewitter mit Wassereinbruch das Feuer gelöscht oder ist das Gewölbe zusammengebrochen? Die harte Arbeit war umsonst gewesen. Der schon teilweise gebrannte Kalk reagierte mit Feuchtigkeit und verkittete die Ofenfüllung zu einem harten festen Block, der in seinem Erdgrab geschützt erst 1938 bei Straßenbauarbeiten entdeckt wurde.